So reißt er auch dich aus dem Rachen der Angst in einen weiten Raum, wo keine Bedrängnis mehr ist.
aus Hiob, 36,16a
„Ein Gespenst geht um in Europa – das Gespenst des Kommunismus.“ Mit diesen Worten beginnt das berühmt-berüchtigte „Kommunistische Manifest“. Das ängstigt heute kaum jemanden mehr. Das Schreckgespenst von heute heißt Covid-19 – kurz: Corona. Nicht wir haben das Virus, das Virus hat uns!
Während der tödlichen Seuchen des Mittelalters fragten sich die Menschen: „Komme ich in den Himmel oder in die Hölle, und wie kriege ich einen gnädigen Gott?“ Die Frage heute heißt: Wie kriege ich Klopapier und Mehl? Früher stand man bei Johann Tetzel um Ablassbriefe an – heute bei Aldi oder Lidl um Dosentomaten. Wir fürchten uns nicht mehr vor dem Fegefeuer, sondern vor leeren Regalen im Supermarkt. Statt nach verlässlicher Gnade streben wir nach reißfesten Küchentüchern.
Die Frage ist doch: Wer herrscht über uns – ein obskures „Kronenvirus“ (corona = Krone) oder der dornengekrönte Christus? Weil ich eine sehr resolute Lateinlehrerin hatte, weiß ich heute noch, dass „sub corona (!) vendere“ „als Sklave verkaufen“ heißt (Danke, Frau Abt!). Ja, dieses Virus versklavt.
Aber Jesus führt in die herrliche Freiheit der Kinder Gottes. Gott reißt uns aus dem Rachen der Angst direkt hinein in die durchbohrten Hände Jesu. Er lebt und regiert! Und im Fall der Fälle gilt: Wer an ihn glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt! Er hat Sünde, Tod und Teufel überwunden.
Gehen wir doch in die vor uns liegende Zeit nicht todernst, sondern auferstehungsfroh. Seien wir aufmerksam, aber nicht panisch. Angst macht das Leben eng, Gott eröffnet weiten Raum. Jesus hat die dem Tod verfallene Welt überwunden. Ostern ist ein Siegesfest!
Mit meinen Schülern habe ich oft gebetet: „In meiner Angst bist du mir nah. Wenn ich dich rufe, bist du da. Wenn ich mich fürchte, hilfst du mir. Guter Gott, ich danke dir.“
Und ein Letztes noch: Vergessen wir nicht die Menschen, die in den Elendsquartieren, Flüchtlingslagern und armen Ländern der Welt von Corona betroffen sind – und beten wir für sie.
Jürgen Lauer, Pfr.i.R.
(Jürgen Lauer war 14 Jahre Gemeindepfarrer, 9 Jahre Studienleiter des Friedrich-Hauß-Studienzentrums bei Heidelberg sowie Religionslehrer an verschiedenen Schulen. In seinem Ruhestand hält er Vorträge und Seminare. Schon mehrfach hat er den Bad Königer Kirchenvorstand bei Rüstzeiten begleitet.)